Dranbleiben
Japan beginnt an der Ostsee
Ein Weg aus psychischem Leid, sei es durch lähmende Ängste, depressive Antriebslosigkeit und Grübeln oder das Leiden an körperlichen Beschwerden, ist die Aufnahme positiver Aktivitäten und das Verfolgen positiver Ziele.
Dadurch erweitert sich die Wahrnehmung, festigt sich die Orientierung, die Lebensqualität steigt, es werden auch wieder freudige Momente möglich. In der Regel ergeben sich aus Aktivitäten auch neue Impulse, und Kontakte und es entsteht ein Dominoeffekt zu einer Aufwärtsspirale. Inspiriert durch die Therapie, gelingt oft ein Anfang - aber die große Schwierigkeit ist häufig das „Dranbleiben“.
Beim Stichwort "Dranbleiben" muss ich immer wieder an Jan Kollwitz und seinen Weg zur japanischen Keramik denken.
Als Elternvertreter der Abschlussklasse meiner Tochter, war ich auf der Suche nach einem Geschenk für die Klassenlehrer, welches die Wertschätzung für die wirklich außergewöhnlich liebevolle und individuelle Begleitung der Schüler bis zur Hochschul- aber auch menschlichen Reife symbolisch ausdrücken sollte. Die Idee für ein entsprechendes Geschenk kam mir durch ein Radio-Interview mit Jan Kollwitz, der in Cismar an der Ostsee ein Atelier für japanische Keramik betreibt.
Das besondere an seiner Japanischen Keramik ist, dass sie in einem speziellen ANAGAMA-Ofen gebrannt wird im Prozesse einer 4-tägigen, durchgehenden Befeuerung, bei der Tag und Nacht alle 3 Minuten von Hand Holz nachgelegt werden muss. Durch die lange und intuitiv-gefühlvolle Steuerung der Verbrennung verbindet sich die Flugasche mit den Gefäßen, die dadurch eine natürliche Glasur bekommen. Der Vorgang ist äußerst empfindlich. Wenn die Temperatur versehentlich abfällt oder zu heiss wird, ist möglicherweise der ganze Ofeninhalt und damit die ganze Jahresproduktion verdorben.
Aber nicht nur der 4-tägige Befeuerungsmarathon steht fürs „Dranbleiben“. Auch der Weg zur Verwirklichung des Ateliers ist unglaublich. Nach abgeschlossener Ausbildung in Keramik, reiste Jan Kollwitz nach Japan, um diese besondere Technik zu lernen. Monate hat es gedauert, einen Meister zu finden, bei dem er jahrelang mit Engelsgeduld und mehreren Tausend verworfenen Entwürfen, selbst zum Meister wurde. Anschließend musste noch der dafür notwendige ANAGAMA-Ofen in Deutschland gebaut werden. Auch dafür galt es einen Meister zu überzeugen, nach Deutschland zu kommen und den Ofen hier zu errichten. Der Ofenbaumeister war für die mehrere Monate in Anspruch nehmende Ausführung nur unter der Bedingung bereit, dass seine Familie ihn begleiten konnte und dass er mit original japanischem Essen bewirtet werde.
Über Jan Kollwitz und seine Keramik gibt es 2 Bücher, in denen die Verwirklichung seines Traumes mit allen Schwierigkeiten eindrucksvoll beschrieben sind:
Christoph Peters und Götz Wrage: „Japan beginnt an der Ostsee, die Keramik des Jan Kollwitz“ und Christoph Peters: „Herr Yamashiro bevorzugt Kartoffeln“
Empfehlenswert ist aber auf jeden Fall ein Ausflug nach Cismar zu dem Atelier. Nach vorheriger telefonischer Anmeldung haben wir damals von Jan Kollwitz eine Führung zu seinem Ofen bekommen, bei der er das Verfahren detailliert erklärt.